Erinnern.

Der erste Schritt, um zu verstehen.
„Wir dürfen zwei Dinge nicht vergessen. Da ist zum einen die Geschichte. Aber auch die bisher erreichte Versöhnung und Verständigung müssen wir lebendig erhalten im Bewusstsein der Menschen und fortführen!“ (Bischof Tranda)

[…]
Sengende Sonne, keine Wolke am Himmel, kein Baum, kein Strauch, nirgendwo Schatten. Holzbaracken und Stacheldraht am Rande von Lublin. 180.000 Menschen wurden hier gefangen gehalten von 1941 bis 1944, unzählige wurden ermordet. Im Konzentrationslager Majdanek.

Nach der Befreiung des Lagers durch die Rote Armee im Juli 1944 fand man rund 800.000 Paar Schuhe. Spätere Recherchen ergaben, dass diese aus Treblinka, Auschwitz und anderen Konzentrationslagern
hierher gebracht wurden. Eine Baracke von etwa 40 Metern Länge voll mit Schuhen.

In den vorderen Gebäuden des ehemaligen Lagers sind blaue Flecken an den Wänden. Sichtbare Überreste von Zyklon B, mit dem die Gefangenen desinfiziert wurden. Auch in den Gaskammern Majdaneks wurde, so berichtet die junge Frau, die uns durch heutige Gedenkstätte führt, Zyklon B verwendet. Am äußersten Ende des Geländes befindet sich das Mausoleum, gefüllt mit der Asche der Ermordeten. Offen und unbedeckt liegt sie vor uns. Neben dem heutigen
Mausoleum fand Anfang November 1943 eine Massenexekution im Rahmen der sogenannten „Aktion Erntefest“ statt: Schätzungsweise 18.000 Menschen, überwiegend jüdischen Glaubens, wurden binnen eines Tages erschossen. Begleitet von lauter Marschmusik.

Auszug aus:

Nie wieder Krieg!
Deutsch-Polnische EFiD-Versöhnungsarbeit 2009
Von Frauke Josuweit

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Erinnerungen sind für uns so wichtig wie die Luft zum Atmen. Dabei ist der psychische Vorgang des Erinnerns geprägt von Komplexität: Fast alles spezifisch menschliche spiegelt sich im Erinnern wieder – Emotionen, Bewusstsein, Geist und Verstand. Der Moment des Erinnerns birgt eine Kraft, die uns zum einen viel gibt, aber manchmal auch verwirrt, ja, sogar ängstigt. Vor allem, wenn das Erinnern mit negativen Gefühlen wie Schmerz, Wut und Verzweiflung einhergeht. Dann ist es oft einfacher, die Erinnerung zu verdrängen, sie auszublenden, sich ihr zu verwehren. Dabei ist die Erinnerung ein wichtiger Bestandteil zur Erkenntnis und zum Verstehen.
Erinnern ist allgegenwärtig. Manchmal kommt eine Erinnerung plötzlich und unvermittelt. Wir sagen dann, dass sie uns einholt und meinen damit, dass sie uns im Alltag unterbricht. Oft empfinden wir das als störend, weil die mit der Erinnerung verbundenen Gefühle uns kurzzeitig aus der Bahn werfen. Dabei können wir viel Positives aus dieser kurzen Unterbrechung ziehen:
Wir können neue Erkenntnisse gewinnen, weil die Unterbrechung uns die Chance gibt, den gedanklichen Kurs zu wechseln. Aus diesem Perspektivwechsel erwächst Verständnis – und die Chance zur Versöhnung.

„Die Bauidee war richtig und gut. Sie hat Menschen auf der ganzen Welt bewegt, um die Erinnerung an die Kinder, die während des 2. Weltkriegs gelitten haben und gestorben sind, wach zu halten. “ – Prof. Maria Goncarzewicz

Eine der ersten Organisatorinnen und langjährige Direktorin des Kindergedächtnis- und Gesundheitszentrums in Warschau spricht bei der Feier zum Abschluss des Versöhnungsprojekts am 31. Juli 2015 über Engagement als Voraussetzung für einen Perspektivwechsel, über Versöhnung, die durch tatkräftiges Handeln entsteht, in und mit ihr wächst und so über die Jahrzehnte im Wandel bestehen bleibt.

Die Versöhner_innen.