Was heißt „Können Sie mir bitte helfen?“ auf Polnisch?
Ich wusste, dass es im Krankenhaus diese Gruppen aus Deutschland gibt, zuerst die Jugendlichen und dann die Frauen. Aber da hatte ich noch nicht persönlich mit ihnen zu tun.
In den 1990er Jahren bin ich von unserer leitenden Schwester Grażyna Piegdoń gebeten worden, mich um die deutschen Frauengruppen im Sommer zu kümmern. Sie wusste, dass ich Deutsch spreche: Ein Teil meiner Familie lebt in Deutschland, und ich bin jedes Jahr einmal zu Besuch dort, außerdem arbeitete ich zwei Mal für einige Monate in Deutschland.
Ich sagte zu und habe diese Arbeit bis 2002 gemacht. Dann bekam das Blutzentrum, in dem ich leitende Schwester bin, einen anderen Träger. Dadurch konnte ich nicht mehr während der Arbeitszeit als Ansprechpartnerin zur Verfügung stehen.
Für mich war es eine sehr schöne Zeit mit den Frauen, aus der sich verschiedene persönliche Kontakte entwickelten. Ich besitze noch viele Briefe, die ich damals bekam, zum Beispiel von Elke Roos und Hildegard Haarbeck. Wir besuchten uns auch privat, sie kamen nach Polen, und ich war in Deutschland.
Ich habe am Anfang nicht verstanden, warum gut ausgebildete Frauen zum unentgeltlichen Arbeiten hierher kommen und vor allem diese niederen Arbeiten machten: putzen, Hilfsarbeiten in Küche und Garten.
Ich fing dann an, mich mehr mit dem Gedanken der Versöhnung auseinanderzusetzen, habe viel gelesen. Dabei kam auch meine eigene Familiengeschichte wieder zur Sprache. Meine Mutter war zwei Jahre in einem Lager in Deutschland während des 2. Weltkriegs. Und nach und nach verstand ich die Motivation der Frauen. Das war für mich ein Lernprozess. Ich wollte da gerne helfen, für die deutsche und für die polnische Seite. Ich wollte auch, dass es für die Frauen ein guter Einsatz wird. Darum habe ich mich engagiert.
Meine Aufgabe während des Einsatzes der Frauen hier war, bei allen Problemen Ansprechpartnerin zu sein und zu vermitteln. Ich ging zum Frühstück und zum Abendbrot zu den Frauen und fragte nach ihrem Befinden und nach Schwierigkeiten.
Und Schwierigkeiten gab es natürlich. Es fing mit Kleinigkeiten an wie: „Wo ist der nächste Supermarkt?“ „Wie komme ich im Krankenhauskomplex in eine bestimmte Abteilung?“ „Wie heißt ‚Können Sie mir bitte helfen‘ auf Polnisch?“ Oder so etwas in der Art.
An den Wochenenden habe ich die Gruppe bei Ausflügen begleitet. Das Krankenhaus stellte einen Bus mit Fahrer, und wir besichtigten viele interessante Plätze. Bei diesen Ausflügen hatten wir viel Zeit zum Erzählen. Da haben wir uns richtig gut kennengelernt.
Aber ich kümmerte mich auch um gesundheitliche Probleme der Frauen und um die Vermittlung zwischen dem Krankenhauspersonal und der Frauengruppe. Gerade in den 90er Jahren war es schwierig im Krankenhaus: Es hatte sich nach der Wende viel verändert, und die Krankenhausleitung interessierte sich nicht sehr für die deutschen Frauen. Die Mitarbeiter_innen wussten zum größten Teil nicht, warum die Frauen überhaupt da waren und vermuteten manchmal, es sollte ihnen die Arbeit weggenommen werden.
Erst zum Ende der 90er Jahre hin wurde es sehr viel besser mit der Akzeptanz der Frauen im Krankenhaus. Besonders der neue Direktor Januszewicz war sehr offen und unterstützte diese Einsätze.
Durch die Einsätze der deutschen Frauen bei uns habe ich viel gelernt über die deutsch-polnische Geschichte – und auch über die Geschichte unseres Krankenhauses.
Nicht nur ich, sondern auch viele Mitarbeiter_innen im Krankenhaus haben erfahren, welchen Beitrag die deutsche evangelische Kirche beim Aufbau für das Krankenhaus geleistet hat. Niemand wusste hier, dass die ganzen Einrichtungsgegenstände mit deutschem Geld bezahlt waren, mit Spenden aus deutschen Kirchengemeinden. Auch dachten viele nicht mehr daran, dass unser Krankenhaus ein Denkmal ist – ein Denkmal für die ermordeten Kinder im 2. Weltkrieg.
Das ist unter anderem ein großes Verdienst dieser Einsätze: dass wir uns bewusst geworden sind, an was für einem Platz wir arbeiten.
Ich bin sehr froh, dass ich die Gruppen einige Jahre intensiv begleiten konnte. Und ich finde es auch sehr schade, dass das Projekt im vergangenen Jahr beendet wurde.